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70:20:10-Modellkritik, Herkunft und Beweise

Das 70:20:10-Lernmodell wird aktuell in Unternehmen vermehrt eingesetzt. Doch lässt sich sein Erfolg belegen? Erfahren Sie mehr über die Ursprünge, Kritik am Modell und Belege für seine Wirksamkeit.

Kasper Spiro
4 Personen, die das 70:20:10-Modell anwenden, stehen vor einem Schreibtisch mit einem Laptop. Eine Person deutet auf den Laptop-Bildschirm.

Der Ursprung des 70-20-10-Modells

Das 70:20:10-Lernmodell boomt. Es gibt sogar Online-Communities, die sich dem Modell widmen. Aber woher kommt das Rahmenwerk eigentlich?
Die Autoren und Forscher McCall, Lombardo und Morrison führten in den 1980er Jahren eine Studie durch. Sie untersuchten die Feinheiten des Lernens und der Entwicklung, um zu verstehen, wie Führungskräfte erfolgreich werden.
In ihrer Studie baten sie fast 200 Führungskräfte, wichtige Ereignisse während ihrer Karriere zu identifizieren und anzugeben, was sie aus diesen Erfahrungen gelernt hatten. Das 70:20:10-Rahmenwerk war ein Ergebnis dieser Forschung. Zu dieser Zeit waren Experten die einzigen, die über das Modell Bescheid wussten. Die breite Öffentlichkeit wusste noch nichts davon.
Viele Jahre später, in den frühen 2000er Jahren, veröffentlichte der Lernexperte Jay Cross das Buch „Informelles Lernen“. Er erklärte, wie informelles Lernen am Arbeitsplatz unterstützt, gefördert und genutzt werden kann. Danach erreichte 70:20:10 ein größeres Publikum und wurde bekannter. Cross gründete auch Anfang der 2000er Jahre die Internet-Time Alliance.
Diese Denkfabrik konzentriert sich auf organisatorisches Lernen und Leistung. Die Lernexperten Jane Hart, Harold Jarche, Charles Jennings und Clark Quinn sind dort tätig und unterstützen Organisationen dabei, neue Arbeits- und Lernmethoden zu entwickeln und anzuwenden.
Eine weitere Person, die daran gearbeitet hat, das 70:20:10-Modell ins Rampenlicht zu rücken, ist Charles Jennings. Er setzte die Arbeit von Cross fort, indem er bei Veranstaltungen über das 70:20:10-Modell sprach und es in seinen Bücher behandelte.
Aufgrund all dieser Bemühungen wurde das 70:20:10-Rahmenwerk schließlich einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Es hat auch die Augen von L&D-Managern geöffnet, die zu erkennen begannen, wie wertvoll informelles Lernen ist. Aus diesem Grund nimmt informelles Lernen jetzt den wichtigsten Teil des 70:20:10-Modells ein.

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Was sind die Kritikpunkte am 70:20:10-Modell?

Trotz des Anstiegs der Popularität und der Tatsache, dass viele Menschen der Meinung sind, dass 70:20:10 immer noch relevant ist, weisen viele Leute und Organisationen auf Probleme hin. Ein großer Teil der Kritik am 70:20:10-Modell hat mit dem Mangel an empirischen Daten und der Verwendung absoluter Zahlen zu tun. Werfen wir einen Blick auf alle Kritikpunkte am 70:20:10-Lernmodell.

1. Kritikpunkt: Mangel an empirischen Daten

Für ihre Forschung baten McCall, Lombardo und Morrison etwa 200 Führungskräfte, Fragebögen auszufüllen. Die Führungskräfte mussten drei Ereignisse in ihrer Karriere identifizieren, die sie dazu veranlassten, anders zu managen, und sollten beschreiben, was passiert war und was sie daraus gelernt hatten. Viele Leute argumentieren, dass die empirischen Daten dieser Umfrage nicht ausreichend sind. Und nicht nur das, viele haben auch die Entscheidung in Frage gestellt, Manager zu befragen, die bereits Erfolg hatten.

2. Kritikpunkt: Unklarheit über die Herkunft

Noch 2012 waren die Autoren Masden und Kajewski der Ansicht, dass innerhalb der Forschung nur sehr wenige Feststellungen gemacht wurden. Sie sagten auch, dass es keine absolute Gewissheit über die Herkunft geben könne. Es wird immer wieder betont, dass Lernprofis berücksichtigen sollten, dass das 70:20:10-Lernmodell rein theoretisch ist. Ohne wissenschaftliche Grundlage handelt es sich ausschließlich um Ratschläge von 200 Führungskräften zum Zeitpunkt Ihrer Befragung.

3. Kritikpunkt: Die Prozentsätze sind zu genau

Viele Kritiker, insbesondere der Lernexperte Will Thalheimer, lehnen das Modell ab, weil es exakte Prozente verwendet. Im Jahr 2006 stellte Thalheimer die Frage, wie oft Forschungsergebnisse solche Prozentsätze liefern, wie sie im 70:20:10-Lernmodell gezeigt werden.

4. Kritikpunkt: Das Modell konzentriert sich nicht genug auf formale Ausbildung

Mit diesem Lernmodell kommt nur ein geringer Teil des Lernens aus dem formalen Lernen. Viele L&D-Experten argumentieren, dass es nicht ausreicht, den Mitarbeitern zu ermöglichen, nur 10% ihrer Zeit für formales Lernen aufzuwenden.

Welche Beweise gibt es, dass das 70:20:10-Lernmodell wertvoll ist?

Trotz der Kritik zeigen viele Beweise, dass das Modell bei korrekter Anwendung wertvoll ist. Aber was heißt das? Sie wenden 70:20:10 korrekt an, wenn Sie es als Richtlinie anstelle einer strengen Regel verwenden. Hier ist ein Teil der Entkräftung der Kritik an 70:20:10.

1. Beweis: Das Modell soll inspirieren

Eines der wichtigsten Dinge, die Sie über 70:20:10 wissen sollten, ist, dass das Modell erstellt wurde, um andere Lerntechniken zu inspirieren. Es ist nicht als Anleitungsmodell gedacht. Solange Sie bedenken, dass das Modell nicht wissenschaftlich ist und kein Rezept für sofortigen Erfolg darstellt, können Sie es effizient einsetzen.

2. Beweis: Mitarbeiter, die Vollzeit arbeiten, lernen viel durch formales Lernen

Obwohl die Prozentsätze nur eine Richtlinie sind, ist es gut zu wissen, wie viel formales Training die 10% des Modells eigentlich bedeuten. Laut einer niederländischen Studie arbeiten Vollzeitbeschäftigte mehr als 1800 Stunden pro Jahr. Das bedeutet, dass sie über 180 Stunden pro Jahr für formales Lernen zur Verfügung haben. Nach Angaben von Statistics Netherlands verbringen die Mitarbeiter jedoch nur 35 Stunden pro Jahr mit formalem Lernen. Während die Gegner sagen, dass 10% formales Lernen nicht ausreichen, erreichen die meisten Mitarbeiter nicht einmal diese Zahl. Außerdem verbringen die meisten von uns viel Zeit mit formalem Lernen, wenn sie im Kindergarten, in der Schule, an der Universität oder am College sind. Dort erhalten wir den größten Teil unseres Wissens, bevor wir unsere Karriere beginnen.

3. Beweis: Die Prozentsätze des Modells sind flexibel genug, um in jeder Organisation angewendet zu werden

Da 70:20:10 keine feste Regel, sondern eine Richtlinie ist, liegt es an Ihnen, wie Sie sie in Ihrer Organisation anwenden. Einige Organisationen verwenden das Rahmenwerk für die Ergebnisse der Leistungsentwicklung, während andere es in Kombination mit ihren Lernphilosophien verwenden. Sie können es immer zu Ihrem Vorteil nutzen.

4. Beweis: Es ist eine effiziente Lernmethode, die Produktivität und Leistung verbessert

Informelles Lernen deckt den wichtigsten Teil von 70:20:10 ab. Die Mitarbeiter müssen nicht mehr auf formelle Schulungen warten. Sie können Kollegen fragen oder verfügbare Lerninhalte verwenden, um eine neue Fähigkeit zu erlernen oder Wissen zu erlangen. Außerdem können sie mit ihrem Coach oder Mentor an einem bestimmten Thema oder einer bestimmten Fähigkeit arbeiten und ihre Leistung verbessern, während sie mit ihren täglichen Aufgaben beschäftigt sind. Das Rahmenwerk ermöglicht es Ihren Mitarbeitern, Lernaktivitäten in ihre Arbeit zu integrieren, produktiver zu arbeiten und die Qualität ihrer Ergebnisse zu verbessern.

5. Beweis: Untersuchungen zeigen, dass Mitarbeiter Zusammenarbeit wertvoller finden als formales Lernen

Forschungen von Charles Jennings und Towards Maturity zeigen, dass 90% der Mitarbeiter die Zusammenarbeit für unerlässlich halten. Nur 37% denken dasselbe über formales Lernen. Ein Lernansatz, der das 70:20:10-Modell beinhaltet, ermöglicht es den Mitarbeitern, 90% der Dinge durch Zusammenarbeit zu lernen, was das Modell äußerst wertvoll macht.

Kasper Spiro ist der Co-founder & Chief Learning Strategist von Easygenerator und ein anerkannter Vordenker in der Welt des E-Learning. Mit über 30 Jahren Erfahrung ist er ein häufig angefragter Hauptredner und bekannter Blogger in der E-Learning-Community.